Donnerstag, 23. Dezember 2010

Pino, seine Mama & ich - ein Reisebüchlein

8.Tag Cirigliano – Vormittags
Pino freut sich, dass er mir das Geburts- und Heimatdorf seiner Mama Angela, der Seele der Familie zeigen kann. Angela fährt „imaginär“ mit uns durch die Basilikata. Wir halten sie auf dem laufenden, wo wir sind und was wir machen. Und auch ansonsten schwingt das Gefühl mit, dass sie dabei ist. Wir stellen uns gerade ihren überschwänglichen Gefühlsausbruch „molto emotione“ vor, als wir erzählen, dass wir in einigen Kilometern in Cirigliano ankommen.
Es ist ein Dorf oben auf dem Berg und ich male mir bildlich aus, wie ihr ehemals werbender und dann zukünftiger Ehemann, sie zärtlich mit dem Kosenamen „Muntagnola“ – die Frau aus den Bergen – taufte. Pino unterbricht meine Gedanken mit der Bemerkung, dass Accetturra, Gorgoglione und Stigliano Nachbargemeinden sind. Auch, dass dieses kleine Dorf bereits in den Jahren 1060 und 1123 in zwei päpstlichen Urkunden erwähnt wurde.
Die Gemeinde zählt um die 400 Einwohner, Hand verlesen, jeder kennt jeden. Und Pino kennt sowieso jeder. Verwandtschaft ist auch noch ansässig, also kein Wunder, dass es ein Riesenhallo gibt. Bei der Dorfbegehung mit seiner Cousine Donata kommen wir nur langsam voran, denn an jeder Ecke wartet jemand, um Pino zu begrüßen. Wir fotografieren das Geburtshaus und irgendwie ist es rührig, hier zu sein, denn die Herzlichkeit, die uns entgegengebracht wird, ist überwältigend. Wir stehen vor der kleinen Kirche, die förmlich zu überquellen scheint, denn das Portal ist offen und auch draußen stehen noch Menschen, die den sonntäglichen Gottesdienst mitverfolgen. Es ist kein gewöhnlicher Sonntag, sondern heute ist der 2.Sonntag im September, an dem die „Baroni“ ins Dorf kommen, um der Madonna ein anderes Kleid anzuziehen. Es handelt sich dabei um die Nachfahren der Baroni aus bourbonischer Zeit, die noch lange als Großgrundbesitzer fungierten. Die Kirche gehört zum Schloss, das im direkten Anschluss steht. Wahrscheinlich der frühere Wohnort der ansässigen Baroni. Erst am 21.Oktober 1950, nach Rebellionen zur Bauernbefreiung wurde das Gesetz zur Agrarreform verwirklicht. Die Baroni wurden buchstäblich enteignet, alte Besitzer und Bauern bekamen ihren Boden zurück. So wurden aus kärglichen Lohnempfängern wieder Kleinbauern.
Die Madonna-Tradition hat sich trotzdem seit Jahrhunderten nicht verändert und so konnten wir zusehen, wie die Erben der Baroni die Madonna in neue Kleider hüllte. Bewegend war das schon – und viele ältere Menschen, so wie Mama Angela haben noch viele Erinnerungen an diese Tage der Großgrundbesitzer. Angela meinte: „Als 7jährige dachte ich, dass die Baroni besonders hübsche Menschen wären. Doch Mama sagte, „nimm ein Stück Holz, ziehe Stoff darüber und du hast einen Baroni.“
Der Dorfrundgang endet im einzigen Ristorante des Ortes – und wir nehmen bei einem Cafe Abschied von den vielen Menschen, die mittlerweile um uns herum versammelt sind. Familie, ja, das wird in Italien großgeschrieben und ich habe mir, weiß Gott nicht alle Namen merken können, die ich an diesem Tag gehört habe. Rufe in die Runde Francesco oder Guiseppe – einige sagen bestimmt „Ciao“. Wir haben Hunger und im nahe gelegenen Dorf Accettura wartet ein wohl gefüllter Mittagstisch auf uns.

Padre Pio hilft immer - sempre!

Padre Pio hilft immer - sempre!
8.Tag von Cirigliano bis nach Castel Mezzano
Bevor ich von dem Geburtsdorf von Mama Angela erzähle, muss erst die „Padre Pio-Sache geklärt werden…
Mein Padre Pio Tag
Ich löchere Pino wegen Padre Pio, denn er scheint hier im Mezzogiorno, in Süditalien allgegenwärtig zu sein. Also werden wir recherchieren, was diesen Heiligen so sympathisch macht, denn ich will es endlich genau wissen. Also ist heute mein Padre Pio Tag, denn Pio ist der Nationalheilige in Italien – und wird zusätzlich noch mehr in Süditalien verehrt. Bilder von ihm hängen in Geschäften, Statuen stehen an jeder Ecke, kleine Padre Pio´s stehen auf Schreibtischen, in Gärten stehen keine Gartenzwerge, sondern Padre Pio Statuen. Die (Süd)italiener glauben fest an seine Kraft und seine Hilfe, Padre Pio auf Teller und Tassen abgebildet, aufgefädelt an Armkettchen, als Amulett an der Kette – Padre Pio hilft immer. Padre Pio kam als Francesco Forgione im Jahr 1887 in Kampanien, in Pietrelcina, auf die Welt, wurde katholischer Priester und Kapuziner. 1968 ist der 81jährige in San Giovanni Rotondo in Apulien gestorben, seine Beliebtheit war so groß, dass über 100.000 Menschen an seinem Begräbnis teilnahmen.
Der Historie nach, haben sich bei ihm seit 1918 Stigmata, Wundmale wie bei Christus, an seinem Körper gezeigt. Er soll die Gabe des Heilens, der Prophezeiung sowie der Bilokation besessen haben. Dies besagt, dass Padre Pio, wie auch z.B. Antonius von Padua und Josef von Cupertino, lt. der katholischen Kirche die Fähigkeiten hatten, durch ihre Willenskraft zu helfen, an zwei Orten gleichzeitig zu sein. Padre Pio wurde 1999 von Johannes Paul II selig und 2002 heilig gesprochen. Er wurde zwar schon vorher verehrt, aber seit seiner Heiligsprechung gleicht Padre Pio aufgrund seiner Beliebtheit einem Popstar. Jährlich am 23.September, seinem Todestag, ist der offizielle Gedenktag von Padre Pio. In Deutschland gibt es seit 2008 in Dillingen eine große Padre Pio Statue, denn der große süditalienische Bevölkerungsanteil, wünschte sich auch Pio hier.
Auch ich bin von Padre Pio fasziniert, bei jeder Statue oder Wandbild von ihm bleibe ich stehen. So auch am Ortseingang von Guardia Perticara, wo ich finde, dass es eine der schönsten Statuen überhaupt ist: Lebensgroß, im Hintergrund mit der bergischen Landschaft, hübsch geschmückt mit Kerzen und Blumen. Seufzend kommt aus mir hervor: „Ach Padre Pio, auf Dir lasten unsere Sorgen, Nöte und Wünsche. Ich hoffe, Du schaffst das alles.“ Und irgendwie, vielleicht durch die Sonnenstrahlen hindurch, scheint er zu blinzeln und zu sagen: „Mach Dir keine Sorgen, ich hülle den Mantel meiner Liebe um die, die an mich glauben.“ Das ist doch mal eine Aussage. Dieser Heilige ist mir sympathisch und sobald ich eine kleine Statue von ihm finde, wird sie auf meinem Schreibtisch stehen. Pino ist auch ganz gerührt und erzählt mir, dass in seiner Trattoria, naturalemente, (s)ein Pio steht.

http://www.muntagnola.de
...dort können Sie Padre Pio sehen...

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