Montag, 8. November 2010

Pino, seine Mama & ich - ein Reisebüchlein

Pino, seine Mama & ich
1. Tag in Neapel „Die Zeremonie eines Espresso“
„In Italien gibt es keinen Espresso doppio, wir bestellen einfach einen Kaffee und bekommen ein kleines, heißes und vor allem starkes Gebräu – eben einen Espresso“, sagt Pino sinnierend in der Bar, als ich meinen stets bestellenden doppelten Espresso verteidigen will: „Aber da ist doch sowenig Kaffee drin, vielleicht können wir Deutsche uns einfach von der Kaffee-Kännchen-Gewohnheit nicht verabschieden.“ „Espresso doppio ist eine deutsche Erfindung“, holt Pino aus und schließt mit den allseits gewohnten Worten „Voi tedesci“ ab. „Ja wir Deutschen haben vielleicht eine andere Vorstellung von Italien, eine Art romantisches Wunderland. Wir bekommen ein leuchtendes Gesicht bei Worten wie Spaghetti, Amore und Vino. Die Sehnsucht nach Dolce Vita und Dolce far niente – dem süßen Leben und dem süßen Nichtstun - ist ungebrochen, wir wollen uns diese sehnende Sucht nach Schönheiten nicht von der Realität nehmen lassen. Die italienische Sprache fließt genüsslich in unsere Ohren und sogar das Schimpfen, der meist italienischen Mamas, hört sich irgendwie beruhigend an. Kein Berlusconi, keine Streik-Müllberge, kein Touristennepp und kein misslauniger Kellner kann uns das schöne Italien-Traum(a)land in unserer „Romantik-Kopfsuite“ nehmen.
Also verabschiede ich mich von meinem doppelten Espresso.
Wir stehen in einer neapolitanischen (Cafe)Bar und sind „hin und weg“ von der Espresso-Zeremonie. Der „Barista“ nimmt die Tässchen aus einem kochenden Wasserbad und vor/verführt uns in die Kunst des richtigen „Kaffee Brauens“.
Der Kult-Kaffee wurde vor ca. 60 Jahren von Achilles Gaggia erfunden. Er presste einige Fingerhut Wasser mit einem Druck von 9 Bar durch 7 g gemahlenem Kaffee – der Espresso ward somit geboren. Ehrfurchtsvoll nippe ich an meinem Espresso. Ich schwöre, ich habe nie einen besseren getrunken. Diese Bar ist unweit vom Fischmarkt Neapels, in einer Seitengasse, im Zentrum nähe Hauptbahnhof und dem Piazza Garibaldi. Hier war auch unser Hotel, das Minotel Luna Rossa. Ein kleines, familiär geführtes Hotel, in welchem jedes Zimmer nach dem Titel eines berühmten napolitanischen Liedes benannt und historisch bezugnehmend mit Gemälden und Kuriositäten dekoriert ist.
Neapel sehen und sterben – „Vedi Napoli e poi muori“ – ich als Tedesca bekomme bei diesem berühmten Ausspruch glasige Augen, wobei Pino auch fasziniert ist. Die Italiener sehen ihr „Napoli“ als ein auf die Erde gefallenes Stück Himmel, was möglicherweise mit dem Vulkan Vesuv zu tun hat, der schon mehrmals in den Himmel gespuckt hat. Und wer weiß, bei aller Magie und Zauberei, fiel dabei Napoli vom Himmel…
Wir gucken beim Abendessen in den Sternenhimmel, Vespas knattern vorbei, Vino bianco steht auf dem Tisch, ich esse Spaghetti und denke an Susi & Strolchi und deren Lied „Bella notte“. Pino ist sichtlich zufrieden und erzählt mir bei Vongole & Pizza, dass in Napoli sein „Mezzogiorno“ anfängt. Damit ist Süditalien gemeint, abgeleitet von „mezzo“ (halb) und „giorno“ (Tag), in Bezug auf den Stand der Sonne zur Mittagszeit. Und von hier ist es ein wahrlich guter Ausgangspunkt, weiter in den Süden, in die Basilikata, zu reisen. Mehr dazu im nächsten Teil.
Pino Bianco http://www.muntagnola.de
Rose Marie Donhauser http://www.donhauser-essklasse.de

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