Dienstag, 14. Juni 2016

Die Magie von Rothschild

„What a exceptional wine“, sagt Christophe Salin, Generaldirektor von DBR (Domaine Barons de Rothschild Lafite), als er uns beim Mittagessen mit einem Château Lafite Rothschild 1990 zuprostet. Zwinkernd fordert er mit diesem Trinkspruch reihum zu persönlichen Eindrücken zur Degustation auf. Davor taten wir schon unsere Meinung zu Carruades de Lafite 2011, Château Duhart Milon 2008 und R de Rieussec 2015 kund. Wir sind zu Gast auf Château Lafite Rothschild, in einem der weltbesten Spitzenweingüter. Im Jahr 1868 erwarb die Familie Rothschild Châteu Lafite in Pauillac und ist mit Baron Éric de Rothschild an der Spitze in der fünften Rothschild-Generation. Begleitend zur Weinauswahl gab es aus der Schlossküche exzellent zubereitete Wachteleier, Saubohnen und Muscheln, Rochen, Rindfleisch mit Markknochen, und Birnentorte. Noch sichtlich beeindruckt vom Weinkeller mit über 65 verschiedenen Weinen, wovon der älteste Jahrgang aus dem Jahre 1797 stammt, widmen wir uns der „Lafite Philosophie“, die im Wesentlichen auf Bodenständigkeit, Tradition und Respekt vor der Natur beruht. Baron Rothschild lebt diese Philosophie und gibt mit seinem persönlichen Einsatz vor Ort, auch den mehrmaligen Tastings im Jahr mit seinen Erfahrungen neue Impulse. Es wird ein langes Mittagessen, denn für Premierengäste wie uns, sind die Zusammenhänge der DBR nicht auf Anhieb geläufig. So kam 1962 der Kauf von Château Duhart-Milon (4ème Grand Cru Classé de Pauillac), Château Rieussec (1er Grand Cru Classé de Sauternes) und Château L’Évangile (Pomerol) hinzu. Mit dem technischen Direktor von Bordeaux Chateaux und Leiter von Rieussec, Eric Kohler, fand tags zuvor eine Weingutführung auf Château Rieussec statt, inklusive einem grandiosen Sauternes-Tasting. Dort dominieren die Sémillontrauben mit über 90%, gefolgt von 7% Sauvignon- und 3% Muskatellertrauben, die auf über 93 Hektar mit Kalkstein und Schotter gedeihen.
„Der richtige Moment“
Christophe Salin arbeitet nicht nur seit 1985 für Rothschild, nein, er lebt es als Passion. „Der richtige Moment zu ernten, aber nicht zu spät. Eine gute Balance und Eleganz. Wir mögen keine Überreife“, so parliert Salin über die Lafite-Philosophie. „Wir warten bis zum Klären 40 Tage, dann brauchen wir über 10.000 Eier hier – und eine kleine Prise Salz.“ Irgendwer fragt, was denn mit den Eidottern passiert und die Erklärung ist simpel, warum es in so vielen Weingegenden Backwaren mit Eigelb basierten Süßigkeiten gibt. Canelés Bordelais, jene kleinen mit Rum getränkten Naschwerke sind überall präsent und sind auch, neben den teuren Spitzenweinen von Rothschild, mit erschwinglichen „Légende“ Weinen wie Bordeaux Rouge und Blanc, rubinroter Médoc, Saint Emilion und Pauillac ein elegantes Erlebnis.

„Wir sind doch nicht Ikea“
Der Besuch der Rothschild-Küferei in Pauillac ist absolut spannend. Syluain Guyet arbeitet seit 31 Jahren als Chef-Böttcher hier mit 4 Mitarbeitern. Der Weg von über 150 Jahre alten Eichen bis zur zweijährigen Außenlagerung bei Wind und Wetter, veranschaulicht die Herstellung der hauseigenen 225 Liter Fässer. „Wir stellen pro Jahr über 2200 Fässer für das ganze Unternehmen her und liefern auch an unsere Weingüter nach Chile für den Los Vascos Wein.“ Auf die Frage, ob die Fässer nach Übersee in Einzelteilen verschickt werden, muss Syluain lachen und meint: „Wir sind doch nicht Ikea, klar schicken wir die fertigen Fässer.“ Ein Baum mit einem Alter von etwa 150 Jahren, so wird erklärt, ergibt etwa 10 fertige Fässer. Ein perfektes Fass entsteht nicht nur mit der Holzauswahl, sondern auch mit der handwerklichen Erfahrung und Feinarbeit bei der Vorbereitung der Dauben. „Toasting“ ist das meistgebrauchte Wort hier, die fertigen in Form geschlagenen Fässer werden innen geröstet. „Je mehr man röstet, umso stärker werden die Aromen. Wir bevorzugen leichtes Rösten, etwa 30 Minuten in Richtung Vanille, längeres oder stärkeres Toasten ergibt Kakao und Kaffee.“

„In 36 Länder werden Weine geliefert“
Die Domaine d´Aussières in Languedoc gehört seit 1999 zu Rothschild und liefert Wein in 36 Länder. 11 Weinsorten, davon 89% Rotweine, 1% Rosé und 10% Weißweine. „Vier Jahre konsequent neue Bepflanzung, 2004/05 die erste Ernte. Mein Favorit ist der Jahrgang 2008“, erzählt der 35 jährige Kellermeister Aymeric Izard, der von Anfang an dabei ist. Wir probieren einen Merlot 2014 und Izard ergänzt: „Der deutsche Markt mag diesen fruchtig, ausdrucksstarken Merlot mit weichen Tanninen und guter Struktur.“ Insgesamt werden auf diesem Weingut jährlich 2 Millionen Flaschen abgefüllt. Um das insgesamt über 550 Hektar große Anwesen in seiner Größe zu erfassen, fahren wir zu den Rebflächen, die auf 167 Hektar mit Merlot, Cabernet und Chardonnay bepflanzt sind. Hervorragende Qualitätsweine wie Aussières Blanc, ein „crispy“ Sauvignon schmecken zum Hummer mit Mango erfrischend und ein Spitzenwein wie Château d´Aussières passt perfekt zum Ziegenkäsetörtchen. Viel Engagement und Investitionen waren hier nötig, ob neuer Weinkeller, Gebäude und modernste Technologie, erzählt der technische Direktor Olivier Trégoat – „und Sie sitzen hier als erste Gäste auf unserer neuen Terrasse.“
Ich erfahre viel und doch ist das gesamte Imperium Domaines des Barons de Rothschild nur schwer zu erfassen. Ich weiß, dass auf allen Domains etwa 500 festangestellte Mitarbeiter tätig sind – plus Saisonarbeiter für die Weinlese. D.h. auch für Chile Vina Los Vascos und für die Bodegas Caro in Argentinien. 2008 startete die DBR ihr erstes Weingut Penglai Estate DBR-CITIC mit 25 Hektar Rebflächen in China und wie fügte Christoph Salin noch hinzu: „Wir haben davon schon gute Weine im Keller, aber der Markt muss noch warten.“
Stolz zeige ich beim Abschied noch ein Foto von meinem Rothschild Wein, Jahrgang 1988. Es ist der falsche Rothschild und erzeugt nur Schulterzucken bei der Frage, ob denn mit einem Coravin ein Schlückchen aus der Flasche Euphorie erzeugen könnte…

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