Sonntag, 24. April 2016

Neuseeland - wir kommen!

Neuseeland für Einsteiger – Teil 1

Beim empfohlenen Online-Test für den neuseeländischen Führerschein bin ich durchgefallen. Mit Respekt und internationalem Führerschein holten wir dennoch in Auckland unser Mietauto ab. Links zu fahren war einfach, im Gegensatz als Fußgänger – oder beim Duschen sowie beim Türen aufsperren – an die Linksvariante zu denken.
Neuseeland – allein das Wort löst positive Gefühle aus. Ob nun die abwechslungsreiche und atemberaubende Landschaft, die Kultur – oder einfach am anderen Ende der Welt zu sein. Nach 24 Stunden Flugzeit alles zu erleben, was als Klischees und Kino im Kopf herumschwirrt. Peter Jacksons gigantische Filmkulissen vom Herr der Ringe sowie die Grashügellandschaft der Hobbits zu sehen. Möglichst einen Blick auf einen Kiwi, jenen nachtaktiven flugunfähigen und sehr scheuen Vogel zu erhaschen, der als Nationalsymbol Karriere gemacht hat. Oder ein Possum zu sehen, der australische Import, von denen die Kiwis (Ausdruck für die Bewohner Neuseelands) von nutzlosen Schädlingen sprechen und die von Touristen nicht hören wollen, wie niedlich dieses aussehen würde. Über 70 Millionen sollen es sein, eines davon haben wir tatsächlich in Aktion gesehen – wir haben aber keinem Neuseeländer erzählt wie putzig sie aussehen. Auf den Straßen sieht man viele davon überfahren, auch schon mal ein Schild mit der Aufschrift: „you kill it, we grill it“.

Kia Ora und Haka
Die Kiwis sind generell tiefenentspannt – und auch bei mehreren Taxifahrten wurde das Trinkgeld freundlich abgelehnt, wie auch so oft in Restaurants oder Bars. Für uns Europäer ist Neuseeland nicht unbedingt günstig, auch wenn manches billiger erscheint, das Preisniveau beläuft sich in etwa 10 Prozent über dem in Deutschland.
Wir wollten alles erleben und haben noch mehr bekommen: So hat es kein einziges Mal geregnet, obwohl Neuseeland in manchen Gebieten über 200 Regentage pro Jahr verzeichnet. Sieht man die satte, saftig grüne Landschaft, erschließt sich der regelmäßige Regen von selbst. Ein Hotelier erzählte uns, dass das Wetter hier dreimal am Tag wechselt, also keine Panik, wenn es am Morgen regnen sollte. Und auch die Wolken formieren sich ständig in märchenhafte Gestalten, wir könnten bei einem Fotowettbewerb für Wolkengebilde mit unseren hunderten von „awesome clouds“ teilnehmen.
Kia Ora, herzlich willkommen – so fühlten wir uns und auch der Nationalsport Rugby, getoppt von der kurz zuvor gewonnenen Weltmeisterschaft der All Blacks, war noch euphorisch überall zu spüren. Auch wenn einem Rugby fremd ist, so ist der Haka Tanz, der Kriegstanz der Maoris, mit Zunge raus, rollenden Augen und auf die Oberschenkel klatschend, ein tolles Schauspiel, bevor die Jungs losstürmen. Auf der Suche nach den Klischees, die diesem großen Land mit nur etwa 4,5 Millionen Einwohnern nachgesagt werden, verlief unsere dreiwöchige Route von Auckland südwärts nach Christchurch immer wieder überraschend. Wobei ein viertägiger Abstecher in den Norden sein musste, um das von Friedensreich Hundertwasser gebaute Klohäuschen in Kawakawa sowie den ältesten Kauri-Baum Táne Mahuta, übersetzt „Herr des Waldes“, in Hokianga zu besichtigen.
Erst am Ende der Reise verstanden wir, warum Hundertwasser explizit eine öffentliche Toilettenanlage für sein Dorf baute: Jede neuseeländische Ortschaft, ob mit Hundert oder Tausend Einwohnern, verfügt grundsätzlich über eine „Public Toilet“ und ein Museum.

Wie schmeckt Neuseeland?
Neuseeland ist das jüngste Land der Welt, Aotearoa oder „Land der langen weißen Wolke“, wird es von den polynesischen Siedlern, den Maoris, genannt. Mit den klimatischen Bedingungen, dem Kulturerbe der Ureinwohner sowie den europäischen, vor allem britischen Siedlern, entstand mit Produkten von heimischen Farmen und vom Hafen eine kreativ inspirierte Pacific rim cuisine, auch begleitend mit asiatischen Einflüssen, die einer Fusionsküche gleichkommt.
In Auckland ist das neu gestaltete Wynyard Quartier am Fischmarkt mit zahlreichen Restaurants zu empfehlen. Grünlipp-Muscheln mit festem Fleisch in bis zu 24 cm großen grünen Muscheln, die es in allen Zubereitungsvarianten gibt, schmeckten gekocht im „Mussle-pot“ hervorragend. Für unterwegs waren stets geräucherte „Greenlip-Mussles“ im Gepäck, ob nun mit Chili, Curry oder mit süß-saurem Geschmack. Oder Brot mit Marmite, einer dunklen Hefewürzpaste, die man wirklich nur lieben kann, wenn sie einem von klein an, beigebracht worden ist.
In Coffeeshops sind Tartes und Pies mit Geflügel sowie Gemüse, herzhafte Muffins und süße Törtchen allgegenwärtig. Allerdings immer mit der Prise Gesundheit, die sich in Organic-Lemonades, vitaminreichen Sprossensalatmischungen und zahlreichen veganen Angeboten präsentiert. Fish & Chips im Eimerchen oder in der Papiertüte war unser Favorit, denn so zarten Genuss von fangfrischem Red Snapper, Blue Cod (Kabeljau) oder heimischen Hoki kann man anscheinend nur am Meer genießen.

Aussteiger-Insel und Sauvignon blanc
Die ersten Winzer besuchten wir auf Waiheke Island, etwa 40 Minuten mit der Fähre von Auckland. Lonely Planet zählt diese, ehemals als „Aussteiger-Insel“ bekannt, als einen der 100 Plätze der Welt, die man gesehen haben muss. Mit dem Vineyard Hopper, die etwa 8 Weingüter ansteuern, kann man sich bequem chauffieren lassen und sich durch die Insel degustieren. Ob nun einen Sauvignon blanc vom Weingut Man o´War, die über 50 Prozent der Inselweine produzieren, einen Bordeaux-Stil Wein von Stonyridge oder in der schönen Gartenanlage von Mudbrick mit einem Gläschen Pinot Noir zu flanieren. Wer es versäumt hat, sich mit ein paar Novitäten einzudecken, hat in der netten Ortschaft Oneroa in Weingeschäften 26 Insel-Weingüter zur Auswahl. Waiheke produziert etwa 1 Prozent der neuseeländischen Weine und das mag zudem die Exklusivität ausmachen.

Hangi und Hongi
Immer der Nase nach und der schwefelhaltige Geruch führt automatisch in die Ortschaft Rotorua. Jedes Hotel wirbt mit eigenen Thermalpools. Geysire und brodelnde Schlammtümpel bestaunen wir im Maori-Dorf Whakarewarewa. Die Maori-Kultur wird hier gut vermittelt, denn der Bevölkerungsanteil der Maoris liegt in dieser Gegend bei über 35 Prozent. Der Anteil in der gesamten neuseeländischen Bevölkerung beträgt knappe 15 Prozent. Bei einer traditionellen Begrüßungszeremonie, einem „Powhiri“ inklusive dem „Hongi“, der Nasenrückenberührung, gab es Hühnchen und Kumura (Süßkartoffel) aus dem Hangi, dem Erdofen in der Grube. Die Nordinsel „Te-Ika-a-Maui“ wird als Wiege der Maoir-Kultur gesehen. In Waitangi wurde im Jahre 1840 der Vertrag zwischen 43 Maori-Häuptlingen und dem vereinigten Königreich unterzeichnet. Ein Open-Air-Museum, die „Waitangi-Treaty-Grounds“ erinnern daran ausführlich.

Von Schafen und der Meisterschaft
Ja, wo sind sie denn die über 33 Millionen Wollknäuel? Farmer Mike von Rathmoy, nähe Palmerston North, besitzt 11.000 und seine Nachbarn über 20.000. Auf die Frage, ob wir denn ein „Gruppenfoto“ machen könnten, lacht er und meint: „Das wird ein langer Tag, um alle aufs Foto zu bekommen“. Nach wochenlangen Recherchen finden wir auch keine Kulisse, die zumindest mal einige Hundert auf einem Bild zeigen würden. Das Land ist einfach zu groß, die Hügel und Täler zu unüberschaubar, um eine Ahnung der Schafs-Dimensionen zu bekommen. Auch sehen wir nirgends Ställe, egal ob für Schafe oder Rinder. In Neuseeland gibt es 6 wichtige Schafsrassen, allem voran das Merinoschaf, vorrangig für die Produktion von Wolle, und dann mehrere Mischlingsrassen, wie Romneys, Coopworths oder Perendales, die für den Fleischexport gezüchtet werden. Die Wahl der Rasse, wie auch Corriedales oder Halfbreds, hängen von Klima und Beschaffenheit der Böden der Farmer ab.
Nachbarin Katy muss los, heute wird geschoren. „Gute Scherer schaffen pro Tag etwa 300 Tiere“. Mike erzählt von der Weltmeisterschaft im Schafe scheren und meint: „So an die 700 Tiere packen die Champignons, exakt und schnell muss das gehen“ und lachend fügt er hinzu: „Die New Zealand Farmer Federation möchte daraus sogar eine olympische Disziplin machen“.
Wir werden zu einem klassischen Lammbraten mit gemischtem Gartengemüse eingeladen. Das Fleisch schmeckt nicht „lammig“, eher neutral und Mike meint: „Wir schlachten die Tiere mit einem Gewicht von 38 kg, mit einem Alter von etwa 3 Monaten, also noch gut vor der Geschlechtsreife, die ja den Schafsgeschmack mit sich zieht“. Lammfleisch aus Neuseeland ist ein großer Wirtschaftsfaktor und von den über 500.000 Tonnen jährlich, die exportiert werden, bekommt über die Hälfte die EU. Mit den guten Erfahrungen vor Ort, ist mein Appetit auf Neuseeland-Lamm gestiegen. Auch in vielen anderen Restaurants probieren wir Lammkeule, -Burger und –Topf.

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