Die Rueda bereisen und Wein trinken nicht vergessen
Rueda – das schmeckt nach Weißwein
„Die Spanier wollen die drei „R“ – Ribera, Rioja und Rueda – wenn es um das Thema Wein geht“, erzählt Chef-Önologin Carmen Blanco. Sind die beiden ersten R´s mehr für den Rotwein bekannt, so ist die Rueda auf die Erzeugung von Weißweinen spezialisiert. Hier ist die autochthone Rebsorte Verdejo zuhause, die mit ihren kleinen Beeren seit mehr als 1000 Jahren den so typischen und charaktervollen Wein in dieser Region hervorbringt.
Auf den teils sandigen, steinigen und auch lehmigen Böden, in einer Höhe von 700 bis 800 Metern und im Zusammenspiel mit einem kontinentalen Klima entstehen harmonische Weine mit der unverwechselbaren kräuterigen Fruchtnote sowie einer exzellenten Säurestruktur.
Das Anbaugebiet der D.O. Rueda mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung (Denominación de Origen) im Gebiet von Kastilien-León umfasst 74 Ortschaften, von denen 53 im Süden der Provinz Valladolid, 17 westlich von Segovia und 4 nördlich von Àvila liegen.
„2014 war unsere erste Ernte“
Wir besuchen zahlreiche Bodegas, kleine und große, und ein gewaltiges unterirdisches Labyrinth von Yllera, El Hilo de Ariadna, das zehn kleine Keller verbindet und im Zentrum der kleinen Ortschaft Rueda liegt. Weine werden verkostet und schnell wird klar, dass jeder Winzer seine individuelle Persönlichkeit mit der Verdejo-Traube zum Ausdruck bringt. Es gibt keinen dominanten Stil, die Fülle an Unterschiedlichkeit der Rueda Weine macht Spaß und immer wieder neugierig auf den nächsten Winzer. In der Bodega „Marqués de Cáceres“ wird die erste Ernte von 2014 degustiert, denn die zwei Weinberge mit über 20 Jahre alten Reben wurden erst Ende 2013 gekauft. Von einer der bekanntesten Rioja-Winzerfamilien wohl gemerkt, nicht die Einzigen, die sich in der Rueda, Weinberg für Weinberg (ein)kaufen. „Weinmacherin“ Blanco schläft momentan in der Bodega, da sie in der Verantwortung für die aktuelle Lese ist. Hier wird uns außerdem bei Nacht veranschaulicht, wie die maschinell frisch geernteten Weintrauben nach dem Transport, sofort mit Stickstoff umhüllt werden, um nicht in Verbindung mit Sauerstoff zu schnell zu gären.
Die beiden Weißweine, „excellens“, ein Sauvignon blanc und der „Marqués de Cáceres“, ein sortenreiner Verdejo, werden degustiert und ich stelle mit Freude fest, dass Rueda Weine nicht nur von ihrer Frische, sondern auch von ihrer Jugendlichkeit „beschwingt“ betören. Alter Wein hat hier nichts zu suchen, möglicherweise in einem Rotwein-Terroir, aber bestimmt nicht hier. Bei der Weinprobe denke ich an die Beschaffenheit der Böden, wie wir sie vom 1,5 km weit entfernten Fluss Duero, gesehen haben: Nur Steine oder nur Sand, dann wieder dunkle Erde und nur Rollstein. Die Komplexität des Weines spiegelt auf alle Fälle die luftdurchlässigen Böden wieder. Und wie bemerkte noch Kellermeisterin Blanco auf die allgemeine Frage wegen der Reblaus: „Die hat einfach keinen Bock auf Sandböden“.
Schwein gehabt in Segovia
Es macht Plopp! Die Frische des Weißweins darf nach dem Entkorken mein Glas füllen. Der Kellner erklärt auf mein neugieriges Beobachten, dass die Spanier nur Korken wollen, der Drehverschluss ist für den europäischen Markt. Mit leichten Lycheenoten in der Nase und einem anschließenden klassischen Verdejo-Stil im Mund, beobachte ich das Zerlege-Spektakel unseres Spanferkels. Wir sitzen im ehrwürdigen Mesón de Cándido, mit Blick auf die Bögen des imposanten Aquädukts, dem Wahrzeichen der Stadt Segovia. Gastronom Cándido teilt mit einem Teller das knochenfreie Ferkel, und wirft nach der Show den Teller auf den Boden. Zuvor gab es dicke Bohnen mit Schweineohren. Ein schwerer Rotwein hätte den intensiven Fleischgeschmack des 3 Wochen alten Milchferkels wahrscheinlich schneller verteilt, aber mit mehreren Proben Rueda von der Bodega Avelino Vegas, hat es sich erfrischend nivelliert. Fleisch, vor allem Schwein und auch viel Lamm wird in dieser Region gegessen, zudem zig Varianten von hausgemachte Wurstspezialitäten und Schinken. Ein vom Michelin gelobtes Restaurant im Dorf Matapozuelos (nahe Rueda) sei auch erwähnt, „La Botica“, in dieser alten Apotheke werden regionale Zutaten in ganz besonderer Weise kredenzt. Küchenchef Michelangelo de la Cruze serviert Blutwurst-Cappuccino und Hirschwürste mit geriebener Pinienfrucht, „der Ananas aus der Rueda“, wie er sagt. Natürlich mit Rueda-Weinen unterspült, diesmal testen wir aus der Bodega El Albar Lurton einen 2014er Campo Alegre Blanco, mit einer feinen Aromenstruktur. In die Nase steigen Pfirsich- und dezente Passions- sowie Limettendüfte. Ganz schön lecker.
Wein im Ei
Ich habe das erste Mal „Wein-Eier“ – oder wie es die Fachleute ausdrücken – Beton-Eier gesehen. Momentan befindet sich kein Wein darin, so dass ich meinen Kopf ins Ei steckte, um mit Erstaunen zu fragen, warum es innen keine Beschichtung, sondern nur den puren Beton gibt. Es soll, wie mir erklärt wird, die Zufuhr von Luftsauerstoff die Reifung des Weines fördern, ohne dass Holzfassgeschmack wie beim Barrique stört. Zudem ergibt die große Oberfläche der Betonstruktur eine natürliche Klärung und guten Hefekontakt. Das nächste Mal würde ich gerne einen „Ei-Wein“ in der Bodega José Pariente probieren… Die heutigen Probeschlucke waren sehr beeindruckend: Beispielsweise ein 100% Sauvignon Blanc von 2009, strohgelbe Farbe mit pflanzlichen Noten, mehr in Richtung Wiese – und mit laaaaangem Abgang.
Der jüngste „Master of wine“ Deutschlands
Beim Verkosten der Weine von der Bodega Copaboca, sitzt der aktuell jüngste Deutsche „Master of Wine“ neben mir. Ich weiß, dass diese Master of Wine Prüfung als die schwerste Prüfung der Weinwelt gilt und u.a. Blindverkostungen von insgesamt 36 Weinen, bei denen Rebsorten, Herkunft, Jahrgang, Qualität und Herstellungsmaßnahmen erkannt werden müssen, beinhaltet. So halte ich mich quasi im Lernmodus an den 33jährigen und frage und frage nach. Konstantin Baum verkostet und ich notiere wie folgt: „2014 er Peramor, klassischer Verdejo-Stil, in Richtung Kiwi-Banane. Am Gaumen eine gute Fülle, sehr viel Säure, dezente Bitternoten“. Weiter geht’s mit 2014er Gorgorito, Sauvignon blanc: „leicht kräuterige Dimension, bisschen mehr Kraft wäre schön“. Der 2014er Copaboca, Verdejo: „Sehr aromatisch, fruchtbetont, lebendig und elegant“. Baums Gesamteindruck: „Alle drei Weine sind sehr beieinander, ähnlicher Stil, ohne viel Experimente“. Zuletzt verriet mir der sympathische Baden-Badener, der nun zu den knapp 340 Masters of Wine weltweit und in Deutschland zu den 8 MW zählt, noch sein Rueda-Resümee: „Die Weinqualität schlägt nicht extrem aus, die Topqualitäten sind noch ausbaufähig. Weingüter wie Pariente leisten Pionierarbeit, es gilt noch einiges zu erwarten“. Ich halte meinen Mund, weil ich 100% Varietal Verdejo darin bewege und notiere: „Anklänge an Fenchel und Unterholz, mit leicht balsamischen Anis, vollmundig, anhaltend, geschmeidig“. Ich spucke nicht aus!
Informationen: Flug nach Madrid und mit dem Auto auf der Rueda-Weinstraße unterwegs. Viele Bodegas bieten öffentliche Führungen an.
http://www.rutadelvinoderueda.com
http://asadorlabotica.com
http://www.grupoyllera.com/
http://www.marquesdecaceres.com
http://www.avelinovegas.com
http://www.francoislurton.es/
http://orodecastilla.com
http://www.pradorey.com
http://www.verderrubi.com
http://www.josepariente.com
http://www.copacoca.com
„Die Spanier wollen die drei „R“ – Ribera, Rioja und Rueda – wenn es um das Thema Wein geht“, erzählt Chef-Önologin Carmen Blanco. Sind die beiden ersten R´s mehr für den Rotwein bekannt, so ist die Rueda auf die Erzeugung von Weißweinen spezialisiert. Hier ist die autochthone Rebsorte Verdejo zuhause, die mit ihren kleinen Beeren seit mehr als 1000 Jahren den so typischen und charaktervollen Wein in dieser Region hervorbringt.
Auf den teils sandigen, steinigen und auch lehmigen Böden, in einer Höhe von 700 bis 800 Metern und im Zusammenspiel mit einem kontinentalen Klima entstehen harmonische Weine mit der unverwechselbaren kräuterigen Fruchtnote sowie einer exzellenten Säurestruktur.
Das Anbaugebiet der D.O. Rueda mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung (Denominación de Origen) im Gebiet von Kastilien-León umfasst 74 Ortschaften, von denen 53 im Süden der Provinz Valladolid, 17 westlich von Segovia und 4 nördlich von Àvila liegen.
„2014 war unsere erste Ernte“
Wir besuchen zahlreiche Bodegas, kleine und große, und ein gewaltiges unterirdisches Labyrinth von Yllera, El Hilo de Ariadna, das zehn kleine Keller verbindet und im Zentrum der kleinen Ortschaft Rueda liegt. Weine werden verkostet und schnell wird klar, dass jeder Winzer seine individuelle Persönlichkeit mit der Verdejo-Traube zum Ausdruck bringt. Es gibt keinen dominanten Stil, die Fülle an Unterschiedlichkeit der Rueda Weine macht Spaß und immer wieder neugierig auf den nächsten Winzer. In der Bodega „Marqués de Cáceres“ wird die erste Ernte von 2014 degustiert, denn die zwei Weinberge mit über 20 Jahre alten Reben wurden erst Ende 2013 gekauft. Von einer der bekanntesten Rioja-Winzerfamilien wohl gemerkt, nicht die Einzigen, die sich in der Rueda, Weinberg für Weinberg (ein)kaufen. „Weinmacherin“ Blanco schläft momentan in der Bodega, da sie in der Verantwortung für die aktuelle Lese ist. Hier wird uns außerdem bei Nacht veranschaulicht, wie die maschinell frisch geernteten Weintrauben nach dem Transport, sofort mit Stickstoff umhüllt werden, um nicht in Verbindung mit Sauerstoff zu schnell zu gären.
Die beiden Weißweine, „excellens“, ein Sauvignon blanc und der „Marqués de Cáceres“, ein sortenreiner Verdejo, werden degustiert und ich stelle mit Freude fest, dass Rueda Weine nicht nur von ihrer Frische, sondern auch von ihrer Jugendlichkeit „beschwingt“ betören. Alter Wein hat hier nichts zu suchen, möglicherweise in einem Rotwein-Terroir, aber bestimmt nicht hier. Bei der Weinprobe denke ich an die Beschaffenheit der Böden, wie wir sie vom 1,5 km weit entfernten Fluss Duero, gesehen haben: Nur Steine oder nur Sand, dann wieder dunkle Erde und nur Rollstein. Die Komplexität des Weines spiegelt auf alle Fälle die luftdurchlässigen Böden wieder. Und wie bemerkte noch Kellermeisterin Blanco auf die allgemeine Frage wegen der Reblaus: „Die hat einfach keinen Bock auf Sandböden“.
Schwein gehabt in Segovia
Es macht Plopp! Die Frische des Weißweins darf nach dem Entkorken mein Glas füllen. Der Kellner erklärt auf mein neugieriges Beobachten, dass die Spanier nur Korken wollen, der Drehverschluss ist für den europäischen Markt. Mit leichten Lycheenoten in der Nase und einem anschließenden klassischen Verdejo-Stil im Mund, beobachte ich das Zerlege-Spektakel unseres Spanferkels. Wir sitzen im ehrwürdigen Mesón de Cándido, mit Blick auf die Bögen des imposanten Aquädukts, dem Wahrzeichen der Stadt Segovia. Gastronom Cándido teilt mit einem Teller das knochenfreie Ferkel, und wirft nach der Show den Teller auf den Boden. Zuvor gab es dicke Bohnen mit Schweineohren. Ein schwerer Rotwein hätte den intensiven Fleischgeschmack des 3 Wochen alten Milchferkels wahrscheinlich schneller verteilt, aber mit mehreren Proben Rueda von der Bodega Avelino Vegas, hat es sich erfrischend nivelliert. Fleisch, vor allem Schwein und auch viel Lamm wird in dieser Region gegessen, zudem zig Varianten von hausgemachte Wurstspezialitäten und Schinken. Ein vom Michelin gelobtes Restaurant im Dorf Matapozuelos (nahe Rueda) sei auch erwähnt, „La Botica“, in dieser alten Apotheke werden regionale Zutaten in ganz besonderer Weise kredenzt. Küchenchef Michelangelo de la Cruze serviert Blutwurst-Cappuccino und Hirschwürste mit geriebener Pinienfrucht, „der Ananas aus der Rueda“, wie er sagt. Natürlich mit Rueda-Weinen unterspült, diesmal testen wir aus der Bodega El Albar Lurton einen 2014er Campo Alegre Blanco, mit einer feinen Aromenstruktur. In die Nase steigen Pfirsich- und dezente Passions- sowie Limettendüfte. Ganz schön lecker.
Wein im Ei
Ich habe das erste Mal „Wein-Eier“ – oder wie es die Fachleute ausdrücken – Beton-Eier gesehen. Momentan befindet sich kein Wein darin, so dass ich meinen Kopf ins Ei steckte, um mit Erstaunen zu fragen, warum es innen keine Beschichtung, sondern nur den puren Beton gibt. Es soll, wie mir erklärt wird, die Zufuhr von Luftsauerstoff die Reifung des Weines fördern, ohne dass Holzfassgeschmack wie beim Barrique stört. Zudem ergibt die große Oberfläche der Betonstruktur eine natürliche Klärung und guten Hefekontakt. Das nächste Mal würde ich gerne einen „Ei-Wein“ in der Bodega José Pariente probieren… Die heutigen Probeschlucke waren sehr beeindruckend: Beispielsweise ein 100% Sauvignon Blanc von 2009, strohgelbe Farbe mit pflanzlichen Noten, mehr in Richtung Wiese – und mit laaaaangem Abgang.
Der jüngste „Master of wine“ Deutschlands
Beim Verkosten der Weine von der Bodega Copaboca, sitzt der aktuell jüngste Deutsche „Master of Wine“ neben mir. Ich weiß, dass diese Master of Wine Prüfung als die schwerste Prüfung der Weinwelt gilt und u.a. Blindverkostungen von insgesamt 36 Weinen, bei denen Rebsorten, Herkunft, Jahrgang, Qualität und Herstellungsmaßnahmen erkannt werden müssen, beinhaltet. So halte ich mich quasi im Lernmodus an den 33jährigen und frage und frage nach. Konstantin Baum verkostet und ich notiere wie folgt: „2014 er Peramor, klassischer Verdejo-Stil, in Richtung Kiwi-Banane. Am Gaumen eine gute Fülle, sehr viel Säure, dezente Bitternoten“. Weiter geht’s mit 2014er Gorgorito, Sauvignon blanc: „leicht kräuterige Dimension, bisschen mehr Kraft wäre schön“. Der 2014er Copaboca, Verdejo: „Sehr aromatisch, fruchtbetont, lebendig und elegant“. Baums Gesamteindruck: „Alle drei Weine sind sehr beieinander, ähnlicher Stil, ohne viel Experimente“. Zuletzt verriet mir der sympathische Baden-Badener, der nun zu den knapp 340 Masters of Wine weltweit und in Deutschland zu den 8 MW zählt, noch sein Rueda-Resümee: „Die Weinqualität schlägt nicht extrem aus, die Topqualitäten sind noch ausbaufähig. Weingüter wie Pariente leisten Pionierarbeit, es gilt noch einiges zu erwarten“. Ich halte meinen Mund, weil ich 100% Varietal Verdejo darin bewege und notiere: „Anklänge an Fenchel und Unterholz, mit leicht balsamischen Anis, vollmundig, anhaltend, geschmeidig“. Ich spucke nicht aus!
Informationen: Flug nach Madrid und mit dem Auto auf der Rueda-Weinstraße unterwegs. Viele Bodegas bieten öffentliche Führungen an.
http://www.rutadelvinoderueda.com
http://asadorlabotica.com
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http://www.marquesdecaceres.com
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Rose Marie Donhauser - 27. Sep, 18:39