Viele Wege führen nach Santiago de Compostela
In 3 Wochen „per pedes“ 314 Kilometer auf dem berühmten Pilgerweg „Camino francés“ – besser bekannt als Jakobsweg – von Leon bis Santiago de Compostela – und weitere 92 Kilometer nach Kap Finisterre, dem „Ende der Welt“.
„Der Jakobsweg beginnt vor der Haustür“, erzählt Thijs, der in Amsterdam gestartet ist, auch Jean aus Frankreich ist in Bordeaux losgegangen. Tatsächlich münden viele Jakobswege in Europa zu der nordspanischen Route „Camino francés“, die im französischen Dorf St-Jean-Pied-de-Port über die Pyrenäen in den spanischen Ort Roncavesvalles führt. Viele Pilger starten von hier aus den über 730 Kilometer langen Weg nach Santiago de Compostela. Doch die lange Zeit und die Kondition, die man dafür braucht, lässt viele Pilger ihren eigenen Startpunkt auf dem französischen Weg wählen. Ob nun von Pamplona, von Burgos – oder wie wir von Leon über Santiago bis zum Atlantik mit etwa 410 Kilometern. Entweder mit Pilger-App, mit verzeichneten Etappen in einem Handbuch oder ohne Plan, der gelbe Pfeil ist allgegenwärtig und kein Pilger geht verloren.
Auf den letzten 100 Kilometern vor Santiago wird es zunehmend voller. Denn wer in Santiago die begehrte Pilger-Urkunde erhalten will, muss mindestens die letzten 100 Kilometer zu Fuß (oder 200 Kilometer mit dem Fahrrad oder Pferd) unterwegs gewesen sein. Zudem ist der Nachweis mit 2 Stempeln pro Pilgertag im Pilgerpass vorzuzeigen, um in Santiago die begehrte Pilger-Urkunde zu bekommen. Alles, was über diese 100 km geht, ist individuell und zeitlich, jedem selbst überlassen.
Internationale Begegnungen
Bei der Registrierung in der Pilgerherberge ist man erstaunt, dass wir aus Deutschland sind. „Deutsche kommen sehr wenige im Juli und August, die kommen im Frühjahr und im Herbst“, sagt die Nonne und weist uns den Weg zum Schlafsaal. Ich bin nun das vierte Mal auf dem Jakobsweg - immer im Sommer - und genieße das nordspanische Wetter, das Temperaturen hat, wie Deutschland. Und nachmittags nach den teils anstrengenden Bergauf- und Bergabtouren zufrieden in der Sonne sitzen.
Viele Menschen, die ich auf dem Weg getroffen habe, sind nicht unbedingt religiös oder gar katholisch, sondern eher wissbegierig, kosmopolitisch und auch nachdenklich. Jeder von ihnen hat so seine eigenen Gründe, warum er das macht, ob nun aus Dankbarkeit für überstandene Lebensprüfungen oder geschürt von individuellen Problemen. Englisch war die Hauptsprache, denn vor allem Asiaten und Amerikaner haben den Weg entdeckt. Mir gefällt zudem, dass alle Altersgruppen vertreten sind, und Alt und Jung sich kontaktfreudig begegneten. Die Gespräche auf dem Weg oder in den Unterkünften sind Multi-Kulti, die Begegnungen sind überraschend und bieten viele Ein- und Aussichten über den eigenen Tellerrand zu schauen. Hinzu kommt die äußerst freundliche Art der Spanier, denn diese sind überzeugt, dass ihre helfende und zuvorkommende Art bestimmt einen Bonus beim Santo Santiago (Heiligen Jakob) bringt.
Jakobsweg „light“
Der große Rucksack mit 10 bis 12 kg ist neben dem langen Weg eine schwere Herausforderung. Dieses Mal wählte ich die leichte Variante und ließ den Rucksack von Ort zu Ort transportieren. Auch die Unterkünfte waren im Voraus reserviert, so dass der Druck ziemlich früh am nächsten Ort zu sein, um Quartier zu suchen, wich, und das Wandern stressfreier wurde. Mehr Zeit, um einfach mal an einem schönen Platz zu dösen, sich auf längere Mittagsgespräche einzulassen und den Sehenswürdigkeiten mehr Zeit zu schenken. Die Etappen waren zwischen 20 und 28 Kilometer pro Tag, für mich ein persönliches Limit, Füße und Gelenk schonend, anzukommen. Zu oft habe ich schon Pilger getroffen, die mit einer Selbstüberschätzung tagelang um die 40 bis 50 Kilometer gegangen sind – und humpelnd zu Ruhetagen oder sogar zum Abbruch gezwungen wurden.
Vielfach hört man, der Jakobsweg sei zu touristisch geworden, wobei ich das so nicht bestätigen kann. Beim Aufbruch morgens um 7 Uhr, früher ist es schwierig wegen der Dunkelheit, grüßt man Einzelne mit „Bon Camino“, aber ziemlich bald wird es auf dem Weg einsam. Ich habe mich oft gefragt, wo alle sind. Im nächsten Ort sind auch alle in Herbergen, Klöstern und Hotels aufgeräumt, beim Essen oder beim Ortsrundgang begegnete man dann wieder vielen bekannten Mit-Pilgern. Wer Ruhe und Einsamkeit auf dem Weg sucht, findet sie. Viele zelten, gehen auch etwas abseits vom Pfad oder verbringen abgeschirmt in Klöstern ihre (Ruhe)Zeit. Doch manchmal stören auch nachts in Herbergen (Hostel) grölende Radfahrer, die kein Ende finden und den Pilgern die wohl verdiente Nachtruhe rauben.
„Auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt“ (Laotse)
Der 1. Tag ist nicht einfach. Entweder geht man zu euphorisch los, holt sich gleich die ersten Blessuren – oder ist, wie ich war, zu blockiert zum in Bewegung setzen, weil diese respektvolle Strecke vermeintlich vom Kopf her nicht zu schaffen ist. Doch sobald der eigene Rhythmus gefunden ist, manche Gedanken-Querschläger eliminiert werden, der Blick auf Sonnenblumen-, Weizen- und Maisfelder verweilt, kehrt Ruhe ein. Der kleine Rucksack fühlt sich federleicht an, gesunder Appetit durch die teils An- und Überanstrengung meldet sich und das Wasser von den (Pilger)Brunnen schmeckt einfach noch besser. In den kommenden Wochen drehen sich die Gedanken ausschließlich um elementare Dinge wie Kondition, Schlafen, viel Trinken und gut essen, denn die Spanier sagen: „Con pan y vino se anda el camino“ - mit Brot und Wein gehst du den Weg. Und angekommen in Santiago, war klar, dass der WEG das Ziel war. In Finisterre verbrannte ich nicht die Schuhe, denn die brauche ich noch für das nächste Ziel: Den portugiesischen Weg von Porto nach Santiago de Compostela.
„Der Jakobsweg beginnt vor der Haustür“, erzählt Thijs, der in Amsterdam gestartet ist, auch Jean aus Frankreich ist in Bordeaux losgegangen. Tatsächlich münden viele Jakobswege in Europa zu der nordspanischen Route „Camino francés“, die im französischen Dorf St-Jean-Pied-de-Port über die Pyrenäen in den spanischen Ort Roncavesvalles führt. Viele Pilger starten von hier aus den über 730 Kilometer langen Weg nach Santiago de Compostela. Doch die lange Zeit und die Kondition, die man dafür braucht, lässt viele Pilger ihren eigenen Startpunkt auf dem französischen Weg wählen. Ob nun von Pamplona, von Burgos – oder wie wir von Leon über Santiago bis zum Atlantik mit etwa 410 Kilometern. Entweder mit Pilger-App, mit verzeichneten Etappen in einem Handbuch oder ohne Plan, der gelbe Pfeil ist allgegenwärtig und kein Pilger geht verloren.
Auf den letzten 100 Kilometern vor Santiago wird es zunehmend voller. Denn wer in Santiago die begehrte Pilger-Urkunde erhalten will, muss mindestens die letzten 100 Kilometer zu Fuß (oder 200 Kilometer mit dem Fahrrad oder Pferd) unterwegs gewesen sein. Zudem ist der Nachweis mit 2 Stempeln pro Pilgertag im Pilgerpass vorzuzeigen, um in Santiago die begehrte Pilger-Urkunde zu bekommen. Alles, was über diese 100 km geht, ist individuell und zeitlich, jedem selbst überlassen.
Internationale Begegnungen
Bei der Registrierung in der Pilgerherberge ist man erstaunt, dass wir aus Deutschland sind. „Deutsche kommen sehr wenige im Juli und August, die kommen im Frühjahr und im Herbst“, sagt die Nonne und weist uns den Weg zum Schlafsaal. Ich bin nun das vierte Mal auf dem Jakobsweg - immer im Sommer - und genieße das nordspanische Wetter, das Temperaturen hat, wie Deutschland. Und nachmittags nach den teils anstrengenden Bergauf- und Bergabtouren zufrieden in der Sonne sitzen.
Viele Menschen, die ich auf dem Weg getroffen habe, sind nicht unbedingt religiös oder gar katholisch, sondern eher wissbegierig, kosmopolitisch und auch nachdenklich. Jeder von ihnen hat so seine eigenen Gründe, warum er das macht, ob nun aus Dankbarkeit für überstandene Lebensprüfungen oder geschürt von individuellen Problemen. Englisch war die Hauptsprache, denn vor allem Asiaten und Amerikaner haben den Weg entdeckt. Mir gefällt zudem, dass alle Altersgruppen vertreten sind, und Alt und Jung sich kontaktfreudig begegneten. Die Gespräche auf dem Weg oder in den Unterkünften sind Multi-Kulti, die Begegnungen sind überraschend und bieten viele Ein- und Aussichten über den eigenen Tellerrand zu schauen. Hinzu kommt die äußerst freundliche Art der Spanier, denn diese sind überzeugt, dass ihre helfende und zuvorkommende Art bestimmt einen Bonus beim Santo Santiago (Heiligen Jakob) bringt.
Jakobsweg „light“
Der große Rucksack mit 10 bis 12 kg ist neben dem langen Weg eine schwere Herausforderung. Dieses Mal wählte ich die leichte Variante und ließ den Rucksack von Ort zu Ort transportieren. Auch die Unterkünfte waren im Voraus reserviert, so dass der Druck ziemlich früh am nächsten Ort zu sein, um Quartier zu suchen, wich, und das Wandern stressfreier wurde. Mehr Zeit, um einfach mal an einem schönen Platz zu dösen, sich auf längere Mittagsgespräche einzulassen und den Sehenswürdigkeiten mehr Zeit zu schenken. Die Etappen waren zwischen 20 und 28 Kilometer pro Tag, für mich ein persönliches Limit, Füße und Gelenk schonend, anzukommen. Zu oft habe ich schon Pilger getroffen, die mit einer Selbstüberschätzung tagelang um die 40 bis 50 Kilometer gegangen sind – und humpelnd zu Ruhetagen oder sogar zum Abbruch gezwungen wurden.
Vielfach hört man, der Jakobsweg sei zu touristisch geworden, wobei ich das so nicht bestätigen kann. Beim Aufbruch morgens um 7 Uhr, früher ist es schwierig wegen der Dunkelheit, grüßt man Einzelne mit „Bon Camino“, aber ziemlich bald wird es auf dem Weg einsam. Ich habe mich oft gefragt, wo alle sind. Im nächsten Ort sind auch alle in Herbergen, Klöstern und Hotels aufgeräumt, beim Essen oder beim Ortsrundgang begegnete man dann wieder vielen bekannten Mit-Pilgern. Wer Ruhe und Einsamkeit auf dem Weg sucht, findet sie. Viele zelten, gehen auch etwas abseits vom Pfad oder verbringen abgeschirmt in Klöstern ihre (Ruhe)Zeit. Doch manchmal stören auch nachts in Herbergen (Hostel) grölende Radfahrer, die kein Ende finden und den Pilgern die wohl verdiente Nachtruhe rauben.
„Auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt“ (Laotse)
Der 1. Tag ist nicht einfach. Entweder geht man zu euphorisch los, holt sich gleich die ersten Blessuren – oder ist, wie ich war, zu blockiert zum in Bewegung setzen, weil diese respektvolle Strecke vermeintlich vom Kopf her nicht zu schaffen ist. Doch sobald der eigene Rhythmus gefunden ist, manche Gedanken-Querschläger eliminiert werden, der Blick auf Sonnenblumen-, Weizen- und Maisfelder verweilt, kehrt Ruhe ein. Der kleine Rucksack fühlt sich federleicht an, gesunder Appetit durch die teils An- und Überanstrengung meldet sich und das Wasser von den (Pilger)Brunnen schmeckt einfach noch besser. In den kommenden Wochen drehen sich die Gedanken ausschließlich um elementare Dinge wie Kondition, Schlafen, viel Trinken und gut essen, denn die Spanier sagen: „Con pan y vino se anda el camino“ - mit Brot und Wein gehst du den Weg. Und angekommen in Santiago, war klar, dass der WEG das Ziel war. In Finisterre verbrannte ich nicht die Schuhe, denn die brauche ich noch für das nächste Ziel: Den portugiesischen Weg von Porto nach Santiago de Compostela.
Rose Marie Donhauser - 24. Sep, 13:11